Es ist nicht das eine große Ding, das mich stört. Es ist dieses schleichende Gefühl, wenn ich durch meinen Feed scrolle. Diese Art zu schreiben, zu verkaufen, zu „triggern“. Ich sitze da mit gerunzelter Stirn und denke „Da stimmt doch was nicht“.
Postings, die andere klein machen. Salespages, die subtil sagen: „Wenn du es jetzt noch nicht kapiert hast, bist du halt selbst schuld.“ Anbieter:innen, die ihr früheres Angebot ins Lächerliche ziehen – und gleich auch alle, die noch damit arbeiten.
Ganz ehrlich? Ich find’s nicht cool. Ich find’s toxisch.
Was ich mit „toxisch“ meine
Toxisch heißt für mich: Kommunikation, die auf Schuld, Druck oder Abwertung basiert. Marketing, das nicht inspiriert, sondern verunsichert. Vertrieb, der nicht auf Augenhöhe einlädt, sondern implizit sagt: „Du hast es einfach noch nicht gerafft.“
Und klar: Wir alle entwickeln uns. Wir dürfen neue Wege gehen, Altes hinterfragen, Dinge besser machen. Aber wie wir darüber sprechen, macht den Unterschied.
Es ist ein Unterschied, ob ich sage:
- „Ich hab’s anders gemacht – heute mache ich’s so.“ Oder ob ich sage:
- „Wer DAS heute noch macht, hat den Schuss nicht gehört.“
Spoiler: Letzteres ist keine Positionierung. Es ist eine Abwertung. Und zwar nicht nur des eigenen früheren Ichs, sondern auch von anderen, die vielleicht einfach einen anderen Standpunkt haben.
Warum das so oft passiert
Ich glaube, viele machen das nicht aus Böswilligkeit. Sondern weil es wirkt. Weil es nach Aufmerksamkeit riecht. Nach Performance. Nach einem Like-starken Auftritt.
Diese Art zu kommunizieren kommt oft aus einer bestimmten Ecke – besonders sichtbar bei einigen Online-Coaches, deren Selbstinszenierung auf Reibung basiert. Da wird nicht nur polarisiert, da wird gecallt, geschämt und gerne mal verbal ausgeholt. Wer da nicht „ready to buy“ ist, ist entweder „Opfer“, „blind“ oder „einfach dumm“.
Ganz ehrlich? Ich finde das brandgefährlich. Und zwar nicht nur, weil es respektlos ist – sondern weil es eine Vertrauenskultur zerstört, die eigentlich die Grundlage jeder guten Zusammenarbeit sein sollte.
Es hat sich eingebürgert, in Online-Marketing-Posts wie auf einer Bühne zu sprechen – mit klaren Freund-Feind-Bildern, dramatischen Wendungen und einem Überlegenheitsgestus, der oft mehr mit Entertainment zu tun hat als mit echter Verbindung.
Was mich besonders stört: Wenn Sprache abwertend wird. Wenn Menschen, die ein Angebot nicht annehmen (oder kritisch nachfragen), als „Opfer“ bezeichnet werden. Oder wenn ganze Gruppen pauschal als „zu dumm, um es zu verstehen“ abgestempelt werden.
Das ist nicht edgy. Das ist respektlos.
Und es schafft eine Atmosphäre, in der sich Menschen nicht mehr trauen zu fragen, sich auszuprobieren, Fehler zu machen. Weil sie Angst haben, im nächsten Post durch den Kakao gezogen zu werden.
So macht man sich nicht zur Expertin. Sondern zur Zynikerin. Und leider folgen viele genau diesem Ton, weil sie glauben, dass man so „auffällt“. Stimmt. Aber eben nicht im besten Sinne. Sondern weil es wirkt. Es erzeugt Reibung. Sichtbarkeit. Polarisierung. Und ganz ehrlich: Auch Klicks.
Aber es ist eben auch laut auf eine Art, die Menschen ausschließt. Die Druck macht. Die Kleinheit erzeugt – und dann ein Produkt als Erlösung verkauft.
Das Problem daran: Wer andere kleiner machen muss, um groß zu wirken, macht sich selbst unglaubwürdig. Und wer frühere Angebote ins Lächerliche zieht, sendet vor allem eins: „Ich wusste damals nicht, was ich tue.“
Was ich mir stattdessen wünsche
Mehr Haltung. Weniger Hype. Mehr Klarheit. Weniger „Drama um jeden Preis“.
Ich wünsch mir:
- Kommunikation, die respektvoll ist – auch gegenüber Menschen, die (noch) anders arbeiten.
- Positionierung, die ohne Abwertung funktioniert.
- Menschen, die sagen: „Ich hab dazugelernt“ – ohne andere bloßzustellen.
- Vertrieb, der erklärt statt trickst. Der einlädt statt beschämt.
Ich sag nicht, dass alles weichgespült sein muss. Aber man kann klar sein, ohne übergriffig zu sein. Man kann deutlich werden, ohne zu manipulieren. Und man kann verkaufen, ohne Vertrauen zu zerstören.
Und jetzt?
Wenn du beim Lesen merkst: „Uff, ja, das hab ich auch schon gemacht.“ – same here. Wir alle lernen. Und das ist okay.
Aber lass uns doch wenigstens bewusst entscheiden, wie wir wirken wollen. Was wir senden. Und welche Kultur wir mitgestalten, wenn wir mit unseren Angeboten rausgehen.
Denn Reichweite ist nicht gleich Wirkung. Und laut ist nicht gleich klar.